Hard core - extreme Kundenschutzklauseln

Was Sie sich nicht gefallen lassen sollten und wie Sie sich wehren können


Sie arbeiten als IT-Freelancer über Vermittler im Projekt? Dann kennen Sie sie: die Kundenschutzklauseln. Kaum ein Standardvertrag kommt ohne sie aus und meist werden sie leider einfach hingenommen. Bei allem Verständnis für Vermittler, die ihre Kunden nicht bereits nach der ersten Projektlaufzeit an Sie verlieren wollen, manche Kundenschutzklauseln sind einfach überzogen.

Woran erkennen Sie eine extreme Kundenschutzklausel in Ihrem Rahmen- oder Projektvertrag? An einigen realen Beispielen aus meiner Beraterpraxis erkläre ich Ihnen die Extreme und was Sie unternehmen können, wenn Ihnen derartige Klausel präsentiert werden.

1. Manche Vermittler wollen einen Vorvertrag bevor Sie überhaupt beim Kunden vorgestellt werden. Es spricht natürlich nichts dagegen eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen. Manchmal taucht in einem solchen Vorvertrag aber bereits eine Verpflichtung zum Kundenschutz auf. Das sollten Sie auf keinen Fall unterschreiben. Am besten "vergessen" Sie diese Vereinbarung einfach und schicken sie nicht zurück. Wenn der Kunde Sie haben möchte, wird der Vermittler Sie auch ohne diesen Vorvertrag ins Projekt schicken.

2. Für den Kundenschutz sind Bindungsdauern von sechs Monaten bis zu maximal zwei Jahren nach Vertragsende üblich. Als Faustregel können Sie davon ausgehen, dass die Kundenschutzdauer als akzeptabel ist, wenn Sie sich nach Vertragsende nicht länger als die Projektlaufzeit vom Kunden fernhalten sollen.

3. Nicht jede Vertragsstrafe ist unangemessen. Wenn die Vertragsstrafe aber mehr als das Doppelte des denkbaren Schadens ausmacht ist der Bereich des Extremen erreicht. Der denkbare Schaden ist aus Sicht des Vermittlers die Marge, die ihm durch einen Verstoß gegen die Kundenschutzklausel entgeht. Wenn Sie die genaue Marge des Vermittlers nicht kennen, dann kalkulieren Sie mit 15 - 20% als durchschnittlichem Wert. Als Beispiel: Sie arbeiten Vollzeit im Projekt mit einem Stundenhonorar von EUR 90,00. Die nachvertragliche Bindungsdauer der Kundenschutzvereinbarung soll sechs Monate sein. Bei einer angenommenen Marge von 15% verdient der Vermittler in sechs Monaten EUR 11.800,00 an Ihnen (EUR 90,00 x 8 Stunden x 110 Arbeitstage = EUR 79.200,00 x 15% = EUR 11.800,00). Die Vertragsstrafe sollte also nicht höher als EUR 23.600,00 sein.

4. In manchen Standardverträgen wird der geschützte Kunde überhaupt nicht oder nur vage benannt. Manchmal sind alle Kunden und deren verbundene Unternehmen geschützt, mit denen Sie während Ihrer Arbeit Kontakt bekommen haben. Je nach Situation kann das für Sie schwer zu überschauen sein. Wichtiger noch als die Transparenz ist jedoch, dass Sie sich mit solch vagen Formulierungen die Arbeit bei Großkunden unnötig erschweren können. Wenn Sie beispielsweise für einen großen Automobilhersteller wie BMW oder Mercedes arbeiten oder in Projekten einer Großbank wie der Deutschen Bank eingesetzt sind, müssen Sie für die Dauer des Kundenschutzes auf jedes andere Projekt für diesen Kunden, auch wenn es inhaltlich völlig anders gelagert oder in einem ganz anderen Unternehmensbereich stattfindet, verzichten. Deshalb sollten Sie darauf achten, den geschützten Kunden im Vertrag so genau wie möglich zu beschreiben. Dazu begrenzen Sie den Kundenschutz möglichst auf a) ein genau bezeichnetes Unternehmen, b) einen bestimmten Ort der Niederlassung, c) die genaue Abteilung, für die Sie arbeiten, d) das konkrete Projekte und eventuell direkte Folgeprojekte.

Wie verhalten Sie sich am besten, wenn Ihnen eine extreme Kundenschutzklausel vorgesetzt wird? Zunächst sollten Sie herausfinden, ob die Kundenschutzklausel überhaupt rechtlich wirksam ist oder schon so überzogen, dass sie keine Bindungswirkung entfaltet und Sie gar nicht wirksam verpflichtet werden können. Haben Sie es mit einem wirksamen Kundenschutz zu tun, dann verhandeln Sie die oben dargestellten Punkte in Ihrem Sinne. Argumente dafür sind die allgemeine Branchenüblichkeit und Ihre Schmerzgrenze. Und lassen Sie sich bitte nicht von dem Argument beeindrucken, der Standardvertrag werde nie geändert. Nach meiner Erfahrung ist alles verhandelbar.

Haben Sie es mit einer so extremen Kundenschutzklausel zu tun, dass sie als unwirksam anzusehen ist, können Sie natürlich versuchen diese Klausel im Ganzen streichen zu lassen. Alternativ lassen Sie sie stehen so wie sie ist, ersparen sich die Diskussion und entscheiden später, ob Sie direkt mit dem Kunden arbeiten wollen. In diesem Fall sollten Sie nach Vertragsende eventuell Maßnahmen zu Ihrem Schutz (wie beispielsweise Schutzschriften zu hinterlegen) ergreifen, falls der Vermittler auf die Geltung seiner Kundenschutzklausel beharrt. Aber bitte verhandeln Sie eine bis zur Unwirksamkeit übersteigerte Kundenschutzklausel nicht nur in einzelnen Punkten. Denn wenn Sie eine solche Klausel nur partiell reduzieren kann es passieren, dass sie in den Bereich des Wirksamen zurückfällt. Besser als eine halbverhandelte Klausel beachten zu müssen ist es deshalb, sie unangetastet und damit unwirksam sein zu lassen. Dabei hilft Ihnen außerdem die Einordnung des Standardvertrages als AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) und die damit einhergehenden strengeren gerichtlichen Prüfkriterien zu Ihren Gunsten. Diese Einordnung gilt allerdings nur für unverhandelte Vertragspassagen.

Bei langfristigen Projekten in Vollzeit können Sie es sich einfacher machen: Um Sie wirksam auf den Kundenschutz zu verpflichten, muss der Vermittler Ihnen eine Karenzzahlung in Höhe von mindestens 50% Ihres durchschnittlichen Projekthonorars für jeden Monat des nachvertraglichen Kundenschutzes versprechen. Als Faustregel gilt: Ist das Projekt für Sie mit einer Dauer von länger als einem Jahr in Vollzeit geplant, muss Ihnen eine Karenzzahlung im Austausch gegen das Kundenschutzversprechen angeboten werden. Ansonsten ist die Kundenschutzklausel mit großer Wahrscheinlichkeit schon bereits aus diesem Grund unwirksam.

Für Ihr nächstes Projekt wünsche ich Ihnen alles Gute und besonders viel Erfolg bei der Vertragsverhandlung!


Hier der Download des Textes  (veröffentlicht als Artikel im IT-Freelancer-Magazin 06/2013) als PDF: